Boris Chatalbashev gewinnt das Meisterturnier des 25. Erfurter Schachfestivals
428 Teilnehmer aus 18 Nationen bedeuten einen neuen Teilnehmerrekord
von Dr. Holger Wiemers
428 Starter im Feld, engagierter Schachsport verteilt auf vier Turniere, ein Spielort mit dem unvergleichlichen Ambiente der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt – dies waren die „Zutaten“, welche zum Ende des vergangenen Jahres vom 26. bis 30. Dezember 2015 das nunmehr 25. Erfurter Schachfestival zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer machten. Vor einem Jahr hatten keine Geringeren als Chartstürmer Clueso und Deutschrock-Legende Udo Lindenberg das Turnier „geadelt“, indem sich Clueso selbst ans Schachbrett gesetzt und Udo das Turnierplakat signiert und dem Turnier einen guten Verlauf gewünscht hatte. Ganz so glamourös ging es diesmal nicht zu - dennoch hatten alle Schachfans, Aktive und Kiebitze fünf Tage lang viel Spaß und genossen die Spannung. Als Überraschungsgast erschien in diesem Jahr Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler, der auf Talenteschau ging. Traditioneller Spielort war das Erfurter Hotel „Radisson Blu“, von dessen 17. Etage sich Spielern und Besuchern ein traumhafter Blick über die malerische Erfurter Altstadt bis hin zum Thüringer Wald bot.
Sportlich zeichnete sich das 25. Erfurter Schachfestival durch packende Kämpfe aus. Noch das Finish des Meisterturniers (Mindest-ELO/DWZ von 2000) zeigte beispielhaft, dass sich die 165 Starter in diesem Klassefeld nichts schenkten: In der Schlussrunde duellierten sich bis zur buchstäblich letzten Minute mit IM Jonas Lampert (Hamburger SK) und IM Nikolas Lubbe (SF Neuberg) zwei aufstrebende deutsche Schachtalente am Spitzenbrett. Mit einem Sieg hätte Lubbe sich den alleinigen Turniersieg sichern können, aber in einer überaus scharfen Partie musste er letztendlich die Waffen strecken und fiel noch auf den 6. Platz zurück; Lampert gelangte durch den Erfolg in der Schlussrunde auf den zweiten Platz, mit 6,5 Punkten aus acht Partien punktgleich mit dem Ersten GM Boris Chatalbashev, der die bessere Zeitwertung aufwies. Damit konnte der an Nummer eins gesetzte bulgarische Großmeister, der für den SV Würselen spielt, ganz knapp seiner Favoritenrolle gerecht werden. Auf den dritten Rang gelangte IM Georgios Souleidis (Hamburger SK) mit ebenfalls 6,5 Zählern. Als beste weibliche Teilnehmerin kam auf dem 8. Platz Elena Levushkina vom SC Garching ein. Überhaupt wurde Erfurt wieder seinem Ruf gerecht, gerade auch spielstarke Frauen zur Teilnahme bewegen zu können – ebenfalls auf den vorderen Rängen platzierte sich beispielsweise Melanie Lubbe, die unter ihrem früheren Namen Ohme einem breiten Schachpublikum bekannt geworden und seit Kurzem mit Nikolas Lubbe verheiratet ist. Sie erspielte sich 5 Punkte, genau wie ihre Nationalmannschaftskollegin WIM Filiz Osmanodja, WIM Maria Schöne, WFM Fiona Sieber sowie die Tochter des Bundestrainers, Teodora Rogozenco. Bemerkenswert auch die Tatsache, dass neben Lampert zwei weitere U 18 – Spieler unter die ersten Zehn gelangten: auf den Plätzen 9 & 10 Tobias Vöge (Stader SV) & Raphael Lagunow (SK Zehlendorf). Bester Senior wurde Christian Hess (FC St. Pauli).
Zwei punkt- (6,5) & wertungsgleiche Erste gab es beim Hauptturnier (DWZ bis 2000) mit Vladimir Modric (SC 1961 König Nied) und Alexander Lubbe (Hagener SV). Ebenfalls in die Medaillenränge schaffte es Michael Budde (FC 1921 Flörsheim). Mit insgesamt 132 Teilnehmern war auch dieses Turnier gut besucht, ebenso wie das Amateurturnier (DWZ bis 1600), das 93 Teilnehmer zählte. Hier setzte sich überraschend der erst zehnjährige Momchil Kosev vom Erfurter SK durch, der mit 6,0 Punkten aus sieben Partien auf den ersten Platz gelangte und den punktgleichen Dr. Wolfgang Rasch vom ESV Lok Meiningen per besserer Zweitwertung auf den zweiten Platz verwies. Ein „echter Amateur“ kam mit dem vereinslosen Lars Bodenstein auf Rang 3 ein. Alleiniger Erster mit 4,5 Punkten aus 5 Partien wurde im Seniorenturnier Günter Weidlich vom SV Dresden-Leuben, dem damit die Titelverteidigung glückte. Auf die weiteren Pokalplätze hievten sich Nenad Bonacic (Hagener SV) & Günter Haag (TSG Mutterstadt). Im Seniorenturnier waren 38 Teilnehmer an den Start gegangen. Insgesamt wurden 1.574 Partien in den vier Turnieren innerhalb des 25. Erfurter Schachfestivals gespielt – in entspannter & freundschaftlicher Atmosphäre. Das Schiedsrichterteam rund um Hauptschiedsrichter Gregor Johann hatte somit ein leichtes Amtieren.
Wie immer sorgten Turnierdirektor Daniel Wanzek und sein Team in den fünf Turniertagen mit einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm dafür, dass auch abseits des eigentlichen Turniergeschehens keine Langeweile aufkam. So wurden ein Würfelblitz-, ein Skat- sowie ein Doppelkopfturnier ausgetragen. Der bekannte Problemkomponist Fritz Hoffmann grüßte das Erfurter Schachfestival mit einer eigens dafür geschaffenen Schachaufgabe. Alle Teilnehmer mit richtigen Lösungen (immerhin 40 an der Zahl) wurden mit einem Schachkalender bedacht. Täglich wurden unter den Teilnehmern zu jeder Runde in jedem Turnier attraktive Preise verlost. Spieler, denen in ihren Partien das Glück nicht hold gewesen war, erhielten auf eigenen Antrag den „Pechvogel“ - einen hübsch gestalteten Kristallpokal, der über einen verschenkten ganzen oder halben Punkt hinwegzutrösten vermochte. Geburtstagskinder wurden mit Wein-Sets beschenkt. Die „Jüngsten der Jüngsten“ konnten sich über das Turniermaskottchen „EFFI 25“ freuen – handgehäkelt & somit jedes ein Unikat. Die ältesten Teilnehmer erhielten ein von Klaus Steffan angefertigtes Fotobuch, das an vergangene Teilnahmen erinnert. Die Altersspanne der Teilnehmer reichte übrigens von 7 bis 89 Jahren – in welcher anderen Sportart ist dies möglich?! Damit auch kein Teilnehmer leer nach Hause ging, dafür sorgten die personifizierten Kugelschreiber mit individueller Namensgravur – die Verteilung derselben führte beim Orga-Team zu einer längeren Nachtschicht…
Eine stimmungsvolle Siegerehrung im nunmehr traditionellen Beisein des MDR Fernsehens, bei der es für die erfolgreichen Teilnehmer insgesamt 50 Geld-, aber auch viele Sachpreise gab, bildete den würdigen Schlusspunkt für das ereignis- und spannungsreiche 25. Erfurter Schachfestival. Den Beitrag des MDR gibt es, ebenso wie viele weitere Videos & Fotos auf unserer Internetpräsenz www.erfurter-schachfestival.de zu sehen. Kommendes Jahr, so kündigte Turnierdirektor Daniel Wanzek in seinem Schlusswort an, wird es das Erfurter Schachfestival wieder geben. Viel Beifall gab es für diese Ankündigung, denn viele, viele Schachfreunde freuen sich auf ein Wiedersehen in Erfurt – in diesem Jahr, zwischen den Feiertagen vom 26. bis 30. Dezember 2016, hoch über den Dächern der wunderschönen Erfurter Altstadt. Dafür stellt Hoteldirektor Rosin sein Hotel gerne wieder als Wohlfühladresse zur Verfügung.